Wein liegt voll im Trend, ist angesagt wie kaum zuvor, doch wie sich zurechtfinden im Dschungel all der netten Flaschen? Weinkenner werden nicht als solche geboren, sondern sind das Ergebnis jahrelangen Konsums und Bemühen um denselben. Aber auch sie haben einmal als Neuling angefangen - und sich wacker durchgetrunken. Aber ob Weinpapst, -liebhaber oder Debütant, für alle gilt: er muss schmecken. Wein ist ein hochwertiges Naturprodukt veredelt durch traditionsreiche Handwerkskünste. Bei seinem Geschmack sind mehrere Faktoren ausschlaggebend: Rebsorte, Klima, Bodenbeschaffung und Sonneneinstrahlung. Je mehr Sonne Wein bekommt, desto angenehmer schmeckt er in der Regel, weshalb Wein eines bestimmten Jahrgangs preisgekrönt sein kann und im nächsten Jahr ein Flopp. Wer sich jetzt bei Wein aus sonnenverwöhnten Ländern auf der sicheren Seite dünkt, der irrt, denn gerade deutsche Weine bestechen mit einer unglaublichen Geschmacksvielfalt, was wiederum an der unterschiedlichen Bodenbeschaffenheit liegt. In den nördlichen Anbaugebieten sind die Rebsorten ausschlaggebend, denn die meisten lieben eher weniger die Kälte oder zumindest in jungen Jahren, aber ein spritziger Moselriesling oder kräftiger Spätburgunder von der Ahr sind durchaus ein absolut überzeugendes Geschmackserlebnis.
Nochmal zum Geschmack: Wein sollte richtig getrunken werden, nämlich mit allen Sinnen: Die Augen sehen das edle Stöffchen im Glase funkeln und seine Farbe, die kleinere Bewegung des Glases vermittelt Aufschluss zum Restzucker. Durch die Bewegung des Glases schwappt die Flüssigkeit hoch und dabei kehren ein paar freche Moleküle langsamer zu den anderen zurück. Je langsamer dies geschieht, desto höher ist der Restzuckergehalt. Das sind zwar nur olle chemische Kamellen, aber die Obduktion der Flüssigkeit nach der Bewegung impliziert dem Rest der Welt eine gewisse fachmännische Expertise. Als nächstes ist die Nase gefragt, sie ist für das Dufterlebnis (der Experte nennt das Bouquet) zuständig und vermittelt einen ersten Eindruck an den Geschmack: Duck dich oder freu dich. Der Geschmack spielt natürlich die Hauptrolle in diesem Akt und sollte deshalb unterstützt werden: den Wein langsam mit der Zunge aufnehmen, damit die Geschmacksknospen auch richtig Freude kriegen. Spätestens durch die Schluckbewegung wird der Gaumen beteiligt, und jetzt sollte man sich fragen, was da eigentlich los ist, wie sich das anfühlt, wie das schmeckt.
Die meditative Betrachtung des Geschmackserlebnisses hat manchen schon geradezu andächtig werden lassen. So, das war die Variante für Weißwein. Rotwein braucht Luft, um sich richtig zu entfalten, weshalb man auch möglichst viel davon beim Trinken aufnehmen sollte. Experten schlürfen Rotwein geräuschvoll ein, geben ihm noch ein paar schwungvolle Extrarunden im Mund mit viel eingesaugter Luft und fremdartigen Geräuschen und entlassen erst dann und fast quälend langsam den edlen Tropfen nach unten. Zugegeben: Männern mag man das gesellschaftlich noch nachsehen, aber Frauen? Die fühlen sich bei dieser Vorgehensweise nicht so wohl. Trotzdem sei jede Frau ermuntert - ob mit oder ohne Nebengeräusch - dem Rotwein möglichst viel Luft zuzuführen. Optimale Testbedingungen, um den Unterschied zu ergründen, bietet das eigene Kämmerlein in kuscheliger Einsamkeit.