"Du hast mir gar nichts zu sagen, du bist nicht meine Mutter!" Wahrscheinlich jede Adoptivmutter der Welt fürchtet diesen Satz des pubertierenden Sprosses, wenn dieser inzwischen weiß, dass er adoptiert wurde. Eine der schwersten Entscheidungen, die man im Leben treffen kann, ist die, wann sage ich meinem Kind, dass es nicht unser Leibliches ist?
Entschließt sich ein Paar zur Adoption eines Kindes, kann das viele Gründe haben. Aber eines ist sicher: So viel, wie diese Menschen für das Kind tun werden, tun längst nicht alle leiblichen Eltern für ihre Kinder. Denn wer bewusst einen solchen Schritt geht, der hat sich das gründlich überlegt und alle Voraussetzungen dafür geschaffen, dass es dem Spross an nichts fehlt. Viele der Kinder werden in einem Alter adoptiert, an dass sie sich selbst nicht erinnern können. Sie leben mit ihren Eltern mehr oder weniger glücklich, bis die Eltern der Meinung sind, unser Kind ist jetzt alt genug, um die Wahrheit zu erfahren. Leider ist es fast immer so, dass es die Jugendlichen herausbekommen, ehe die Eltern den Mut zum Gespräch hatten. Sei es ein Zufall, eine Krankheit oder die Großeltern, die sich verplappern, aus irgendeinem Grund fliegt die jahrelange Lügerei auf, und dann fühlen sich die jungen Leute zu Recht hintergangen.
Aber wann ist ein Kind alt genug dafür, um die Wahrheit zu verkraften? Dafür gibt es keine allgemeine Antwort. Wichtig ist allein, dem Kind zu vermitteln, dass man es liebt, und nie einen Unterschied daraus gemacht hat, ob es in die Familie hineingeboren oder adoptiert ist.
Meist finden die Jugendlichen nach einiger Zeit der Unsicherheit zurück zu sich selbst und den Eltern und überwinden den Schock schnell. Besonders mutige und engagierte Paare trauen es sich sogar, mehrere Kinder zu adoptieren, vielleicht, um Geschwister nicht auseinanderzureißen, oder um mit eigenen guten Voraussetzungen einigen Kindern einen guten Start ins Leben zu ermöglichen.
Eine so bewusste Entscheidung für ein Kind ist etwas sehr schönes und sollte von der Umwelt geachtet und akzeptiert werden. Aber auch hier gibt es mit Sicherheit Leute, die anderer Meinung sind. Auch hier ist es meist das Beste, irgendwohin zu ziehen, wo das niemand weiß und die Familie nur als solche kennt. So schwer es schon bei „normalen" Geschwistern ist, Gerechtigkeit walten zu lassen, so schwer ist es erst bei Adoptivkindern. Ständig liegt man mit sich im Kampf, ob man nicht unbewusst und unbeabsichtigt eines der Kinder vorzieht. Vielleicht aus dem Gefühl heraus, dass es besonders viel Liebe braucht, oder zuvor ein ganz besonders schweres Dasein hatte. Immer alles richtig machen Eltern ohnehin nicht, und da sollte man einfach auch die Tatsache der Adoption nicht überbewerten, sondern einfach dem gesunden Gefühl folgen.