Eine Weinverkostung ist für Laien wie Profis harte Arbeit, denn die Geschmacksknospen entwickeln sich erst mit der Zeit, das Gehirn kann die vielen und sehr bewusst aufgenommenen Eindrücke irgendwann nicht mehr verarbeiten. Konterproduktiv ist auch der Alkoholgehalt - weshalb Profis den Schluck gleich in den Kübel spucken. Zur garantierten Neutralität des Geschmackempfindens sollten drei bis vier Stunden seit der letzten Mahlzeit vergangen sein. Kräftige Gewürze beeinträchtigen das Geschmacksempfinden, Parfüms, Rasierwässerchen und Raumdüfte die Nase. Nikotingenuss zerstört das Geschmacksempfinden, weshalb auf den Stengel verzichtet werden sollte. Neben Papier und Stift für Notizen braucht es Weißbrot und Wasser, um den hart beanspruchten Geschmackknospen Erholung zu gönnen. Eine weiße Tischdecke und Kerzen wären fein, um die Lichtreflexe im Glas zu erleben und die Farbe zu begutachten. Selbstredend, dass es für jeden Wein ein frisches Glas gibt, das eine entsprechend weite Öffnung hat. Die jeweiligen Naturkorken können auf kleinen Schälchen abgelegt werden: Der Geruch des Korkens gibt einen zusätzlichen Eindruck vom Wein. Und das Wichtigste darf keinesfalls fehlen: der Kübel zum öffentlichen Speien, zumindest sollte die Möglichkeit dazu gegeben werden.
Acht verschiedene Weine sind genug für eine Verkostung, begonnen wird mit dem hellsten Weißwein. Handelsübliche Rotweine brauchen in der Regel nicht dekantiert zu werden, auch wenn es groß in Mode ist. Je heller ein Rotwein, desto älter ist er zumeist, und dann heißt es Vorsicht vorm Dekantieren, denn das würde ihn zerstören. Sehr dunkle Rotweine bringen zumeist einen Gruß aus einem heißen Land, deutsche Rotweine sind vergleichsweise viel subtiler. Begutachtet werden Optik, Nasenergebnis und Geschmack. Zunächst wird der Wein im Glas geschwenkt, wobei die sogenannten Tränen langsamer am Glas hinablaufen. Je tränenreicher der Wein, desto gehaltvoller ist er auch. Der Schluck Wein wird im Mund unter einziehen von Luft gerollt. Für die Beschreibung von Nasenergebnis und Geschmack gibt es eine Reihe von Richtungen und „Fachlatein", aber wie wäre es mit einer privaten Weinverkostung unter Freunden, bei der jeder mit eigenen Worten seine Wahrnehmung beschreibt? Insbesondere Neulinge können sich so schnell an Wein herantasten, und wenn einer nach Gummibärchen schmeckt, ist das völlig in Ordnung. Die Richtungen und das Fachlatein kann man sich irgendwann später immer noch ansehen, aber bis dahin ist bereits verinnerlicht, was sie ausdrücken sollen. Die Gruppendynamik bringt zusätzlich Aspekte, der abschließende Vergleich der Notizen sicher spannende Ergebnisse und Diskussionsstoff.
Auch thematisch gibt es viele Möglichkeiten: Jeder Teilnehmer bringt seinen Lieblingswein oder -sekt mit, dann lernen die Freunde ihn auch gleich kennen, oder eine einzige Rebsorte unterschiedlicher Qualitätsstufen und/oder Anbaugebiete wird ergründet. Typische Rebsorten eines Anbaugebietes oder blind gewählte Vertreter eines Landes, Barrique oder nicht Barrique sowie korrespondierende Speisen bilden weitere Thematiken für einen lehrreichen und unterhaltsamen Abend in Sachen Wein. So verschafft sich der Neuling schnellstens einen intensiven Einblick in die komplexe Welt des Weins - und irgendwann fällt das Etikett weg, und der Wein wird bestimmt.