Die Dauer einer natürlichen Geburt kann von Frau zu Frau sehr unterschiedlich sein. Dies hängt vor allem davon ab, ob die werdende Mutter ihr erstes Kind erwartet, oder bereits eine oder mehrere Geburten hinter sich hat. Bei Erstgebärenden kann sich eine Geburt über 12 bis 14 Stunden hinziehen, während Mehrgebärende ihr Kind meist innerhalb von sieben Stunden zur Welt bringen.
Der Verlauf einer Geburt kann in drei Phasen unterteilt werden:
Die Eröffnungsphase dauert vom Geburtsbeginn bis zur kompletten Öffnung des Muttermunds auf etwa zehn Zentimeter. Dabei sollte sich der Muttermund pro Stunde um etwa einen Zentimeter öffnen. Im Verlauf der Eröffnungsphase erhöht sich die Frequenz der so genannten Eröffnungswehen langsam auf zwei bis drei Wehen in zehn Minuten, die Dauer der Wehen beträgt etwa 30 bis 60 Sekunden. Auch der Rhythmus der Wehen wird regelmäßiger. Die Eröffnungsphase dauert bei Frauen, die zum ersten Mal gebären etwa acht bis zwölf Stunden, bei Frauen, die schon Kinder geboren haben meist vier bis acht Stunden.
Wenn Frauen zum ersten Mal ein Kind bekommen, verkürzt sich zuerst der Gebärmutterhals, bevor sich der Muttermund öffnet. Haben Frauen hingegen bereits eine Geburt hinter sich, laufen diese Vorgänge parallel ab.
Während der Eröffnungsphase drückt der Kopf des Kindes immer stärker auf die Fruchtblase, bis diese schließlich reißt (Blasensprung). Die Fruchtblase kann aber auch schon vor Wehenbeginn oder in jeder anderen Geburtsphase springen. In einigen Fällen bleibt die Fruchtblase sogar bis zur Geburt des kindlichen Kopfes bestehen („Glückshaube").
Im Verlauf der Geburt kann es jedoch auch notwendig werden, die Fruchtblase zu eröffnen (Amniotomie). Dazu wird von den Geburtshelfern beispielsweise ein Handschuh oder ein kleinen Plastikstift mit Widerhaken benutzt. Die Öffnung der Fruchtblase in der Eröffnungsphase verstärkt die Wehen und erhöht damit den Druck auf den Muttermund, sodass sich dieser schneller öffnet. In dieser Phase beschleunigt die Amniotomie die Geburt.
Wenn die Fruchtblase nach der Eröffnungsphase nicht von selbst platzt, empfinden die meisten Frauen eine Amniotomie als Erleichterung: Sie sorgt dafür, dass das im Geburtskanal zusätzlich Platz beanspruchende Fruchtwasserpolster ablaufen kann.
Das letzte Drittel der Eröffnungsphase wird auch als Übergangsphase bezeichnet. Die Wehen kommen dann schneller hintereinander, werden stärker und auch der Schmerz wird meist intensiver. Während dieser Phase tritt der Kopf des Kindes tief durch das knöcherne Becken der Mutter. Dazu muss das Kind eine 90°-Drehung machen: Es befindet sich am Ende der Eröffnungsphase im so genannten „tiefen Geradstand", wobei bei 95 Prozent aller Geburten das Kind mit dem Rücken zur Bauchdecke der Mutter zeigt.
Am Ende der Eröffnungsphase lässt sich die so genannte kleine Fontanelle des Kindes gut tasten. Diese Stelle befindet sich ein einer Stelle des kindlichen Hinterkopfes, an der die Nähte des Schädelknochens noch nicht zusammengewachsen sind.
Austreibungsphase heißt der Zeitraum zwischen der vollständigen Öffnung des Muttermundes und der endgültigen Geburt des Kindes. Sie dauert ungefähr eine Stunde, ist jedoch bei Frauen, die bereits Kinder geboren haben, meist kürzer. Zuerst richtet sich in der Austreibungsphase der Kopf des Kindes auf der Beckenbodenmuskulatur der Mutter so aus, dass er gut in den Eingang des Geburtskanals passt. Der Geburtskanal wird aus dem Becken der Mutter, der Gebärmutter, der Scheide und dem Beckenboden gebildet. Der Geburtskanal wird am Beckeneingang als quer-oval und am Beckenausgang längs-oval beschrieben. Ob eine vaginale, natürliche Geburt überhaupt möglich ist hängt in entscheidendem Maße davon ab, wie weit der Beckenboden ausgelegt ist („gebärfähiges Becken").
Durch die Schwangerschaftshormone lockern sich jedoch in vielen Fällen die Knochenverbindungen im Beckenring der Mutter, sodass dieser sich um einige Millimeter aufweitet. Während der Geburt passt sich das kindliche Köpfchen durch Drehungen zusätzlich an den Geburtskanal an und erleichtert so den Durchtritt durch die Scheide.
Ist der Kopf des Kindes entsprechend tief im Geburtskanal, drückt er auf den mütterlichen Damm. Dies löst reflektorisch bei der Mutter Pressdrang aus. Erst jetzt kann und soll die Mutter durch Mitpressen die Geburt unterstützen. Der Kopf des Kindes muss dann durch den engen Scheidenausgang hindurch treten.
Der Austreibungsphase folgt die Nachgeburtsphase (Plazentaphase). Diese dauert etwa 10 bis 30 Minuten von der Abnabelung des Kindes bis zur Lösung des Mutterkuchens von der Gebärmutterinnenwand. Dabei wird die Geburt des Mutterkuchens durch leichten, kontinuierlichen Zug an der Nabelschnur unterstützt (cord traction). Dass es bei der Lösung des gut durchbluteten Mutterkuchens blutet, ist normal. Auch Blutungen von 300 ml sind noch kein Grund zur Sorge. Die Geburt ist erst dann beendet, wenn der Mutterkuchen als Nachgeburt „entwickelt", das heißt vollständig aus dem Geburtskanal herausgepresst wurde. Die Hebamme begutachtet dann genau, ob der ganze Mutterkuchen und alle Eihäute da sind.
Ist die Geburt erfolgreich verlaufen, kann die Mutter das Neugeborenen erstmals an die Brust anlegen. Das erste Anlegen ist für die Mütter und Väter oft ein ganz besonderer, kostbarer Lebensmoment. Wenn das Kind zum ersten Mal an der Brust saugt, bewirkt dies die Ausschüttung des Hormons Oxytozin, das das Zusammenziehen der Gebärmutter und damit die Nachwehen fördert. Diese Reaktion ist wichtig, denn dies reduziert den Blutverlust der Mutter in der Nachgeburtsphase und unterstützt das Ausstoßen von eventuell noch in der Gebärmutterhöhle befindlichen Resten des Mutterkuchens
Im gesamten Verlauf der Geburt ertastet die Hebamme in Abständen von ein bis zwei Stunden den Muttermund und den Gebärmutterhals. Sie überprüft dabei zu einen ob und wie weit der Muttermund schon geöffnet ist. Der Muttermund am unteren Ende des Gebärmutterhalses (Zervix) ist normalerweise fast komplett geschlossen. Im Verlauf der Geburt öffnet er sich jedoch von zunächst ein bis zwei cm auf zehn cm am Ende der Eröffnungsphase. Der anfangs wulstig erscheinende Muttermund wird im Verlauf immer flacher und ist nicht mehr zu tasten („verstrichen").
Die Hebamme kann sich durch das Spreizen ihres Zeige- und Mittelfingers den Muttermundrand ertasten und so den Geburtsfortschritt kontrollieren. Des Weiteren wird so überprüft, wie viel vom Gebärmutterhals noch zu tasten ist. Vor der Geburt ist der Gebärmutterhals der Mutter etwa vier cm lang. Während der Entbindung verliert der Gebärmutterhals durch den Druck des austretenden Kindes seine Festigkeit. Außerdem kann die Hebamme anhand der Tastuntersuchung feststellen, wie tief das Kind bereits im Becken ist. Über die vaginale Untersuchung lässt sich auch ertasten, wie tief im Becken das Kind steckt. Nach dem Blasensprung kann man auch anhand der Schädelnähte und der Fontanelle des Kindes dessen Geburtslage ermitteln.
Da aber nach dem Blasensprung die Gefahr von Infektionen steigt, sollte die vaginale Untersuchung nur dann durchgeführt werden, wenn es dringend notwendig ist. Darüber hinaus ist die Basis der Geburtsüberwachung in der Klinik ist die so genannte Kardiotokografie (CTG, Kardiotokogramm). Das CTG kann von außen angebracht werden, ist nicht schmerzhaft und hilft, Notfall- oder Gefahrensituationen rechtzeitig zu erkennen. Es ist ein Herzton-Wehen-Schreiber, der über zwei auf dem Bauch befestigten Messfühler die Wehenstärke und die kindliche Herzschlagfrequenz misst und dokumentiert.
Viele Kliniken setzen mittlerweile auch ein Telemetrie-CTG ein. Dabei entfällt die Verkabelung der Mutter, weil die CTG-Signale über einen kleinen Sender an das CTG-Gerät geleitet werden. Die Mutter ist so nicht mehr ans Bett gefesselt und hat Bewegungsfreiheit. Weist das CTG auf einen Sauerstoffmangel des Kindes hin, wird anhand der Fetalblutanalyse die Sauerstoffsättigung des kindlichen Bluts gemessen. Dabei wird dem Kind zur Feststellung der Sauerstoffsättigung durch Anritzen der Kopfhaut eine kleine Blutprobe entnommen. Bei der anschließenden Analyse der Blutgase ist dann der pH-Wert entscheidend. Während dieser bei Erwachsenen und Kleinkindern zwischen 7,37 und 7,43 liegt, sinkt er beim Kind während der Geburt bis auf 7,25 ab. PH-Werte zwischen 7,15 und 7,25 sind jedoch grenzwertig und sollten kontrolliert werden. Eindeutige Gefährdung des Kindes besteht bei einem pH-Wert unter 7,10.
Im Verlauf der Geburt sollte die Mutter möglichst erst dann unterstützend mitpressen, wenn das Köpfchen des Kindes auf dem Damm aufliegt. Ein zusätzliches Pressen der Mutter vor dieser Phase ist ungünstig, weil zu frühes Pressen den noch nicht verstrichenen Muttermund zusammendrückt. So kann die Entstehung eines Muttermundödems begünstigt werden. Dabei wird durch den unwillkürlichen Pressdrang der Kopf des Säuglings immer stärker auf den Muttermund gedrückt, das Blut staut sich und es kommt zu einer Schwellung.
Gelingt es der Mutter in der Austreibungsphase jedoch nicht, den Geburtsverlauf durch Mitpressen zu unterstützen und droht sie zu erschöpfen, kann ein so genannter Geburtsstillstand entstehen. Um dies zu verhindern versuchen Arzt und Hebamme zunächst, die Kraft der Wehen mit ihren Händen oder mit einem um den Bauch der Mutter geschlungenen Tuch zu verstärken. Reicht auch dies nicht, sind geburtshilfliche Instrumente wie die Saugglocke (Vakuumextraktion) oder Geburtszange (Forzepsextraktion, Zangengeburt) notwendig. Beide Methoden ziehen das Kind vorsichtig heraus. Saugglocke und Geburtszange kommen auch dann zum Einsatz, wenn das Kind im Geburtskanal stecken bleibt oder dem Kind Sauerstoff fehlt.
Wenn in der Austreibungsphase der Kopf des Kindes durch den engen Scheidenausgang hindurch tritt, kann es zu Einrissen im Bereich hinter der Scheide und vor dem Darmausgang, dem Damm (Perineum), kommen (Dammriss). Die Hebamme versucht dann, durch leichten Gegendruck mit der Hand von außen den Druck etwas abzufangen und den Damm vor dem Einreißen zu schützen (Dammschutz). Wenn klar wird, dass der Damm die Geburt nicht aushält, besteht auch die Möglichkeit, einen Dammschnitt durchzuführen, der sich für gewöhnlich leichter nähen lässt und leichter heilt als ein unkontrollierter Riss des Damms.
Nach der Geburt sollte genau kontrolliert werden, ob der Mutterkuchen vollständig ausgestoßen wurde. Ist dies nicht der Fall, kann bereits ein mandelgroßer Rest des Mutterkuchens in der Gebärmutter dazu führen, dass sich die Gebärmutter nach der Geburt nicht ausreichend zusammenzieht (Uterusatonie). Dadurch kann es auch noch Wochen nach der Entbindung zu starken und lebensgefährlichen Infektionen und Blutungen kommen.
Wenn der Mutterkuchen nur unvollständig ausgestoßen wurde, muss der Frauenarzt die Reste der Plazenta manuell lösen (Nachräumung) und vorsichtig eine Ausschabung vornehmen. Dies wird in einer Kurznarkose oder örtlicher Betäubung durchgeführt.
Letzte Aktualisierung am 27.04.2021.