Die traditionelle chinesische Medizin hat vor allem durch einen ihrer Teilaspekte weltweite Beachtung erfahren. Dieser Aspekt ist die Akupunktur (von lat. acus = Nadel, pungere = stechen). Hierbei werden Nadeln an bestimmten, festgelegten Körperpunkten eingestochen und dann leicht bewegt. Die Punkte wurden so gewählt, dass die Nadeln verschiedene Qi-Punkte des Körpers treffen.
Die traditionelle chinesische Medizin (TCM) geht davon aus, dass die Lebensenergie in bestimmten „Energiebahnen" (Meridiane) durch den Körper fließt. Außerdem ist eine Krankheit im Sinne der TCM im Wesentlichen auf eine Störung oder Umlenkung des Energieflusses zurückzuführen. Die Stimulation der Qi-Punkte soll diese Störung beheben. Die westliche Medizin geht jedoch davon aus, dass die Wirkung der Akupunktur durch Reaktionen des Körpers auf die Nadelstiche erklärt werden kann.
Mittlerweile werden Nadeln von unterschiedlicher Länge (1,5cm bis 7cm) und aus unterschiedlichen Materialien verwendet. Die traditionellen Nadeln aus Silber und Gold finden kaum noch Anwendung, außer bei Ohrakupunkturen. Hauptsächlich werden heute aus Hygienegründen Einwegnadeln aus Edelstahl verwendet.
Die WHO (World Health Organisation, Weltgesundheitsorganisation) nennt ungefähr 100 Erkrankungen, bei denen die Anwendung der Akupunktur als sinnvoll erachtet wird. Dazu zählen unter anderem Erkrankungen des Atemsystems (wie Erkältungen), Augenerkrankungen, Lähmungen nach Schlaganfall, die rheumatoide Arthritis sowie Hautkrankheiten (Hautallergien). Das Hauptanwendungsgebiet ist jedoch die Schmerzbehandlung. Hier können beispielsweise bei Spannungskopfschmerzen oder Migräne gute Erfolge erzielt werden.
Es gibt jedoch auch Erkrankungen, die nicht mit Akupunktur behandelt werden sollten, wie Krebs oder schwere psychische Erkrankungen. Bei Krebserkrankungen kann die Akupunktur jedoch zur schonenden Schmerzbehandlung genutzt werden. Außerdem sollte vor Behandlungsbeginn eine eindeutige Diagnose gestellt werden.
Schwangere sollten nicht akupunktiert werden, um Komplikationen zu vermeiden.
Die gesetzlichen Krankenkassen erstatten teilweise die Behandlungskosten bei chronischen Kopfschmerzen, Schmerzen der Lendenwirbelsäule und Arthroseschmerzen. Jedoch befinden sich diese Projekte noch in der Testphase, weshalb vorab eine genaue Abklärung erfolgen sollte.
In der Gynäkologie kann die Akupunktur in verschiedenen Bereichen angewendet werden.
Bei Schmerzen, die vor, während oder nach der Periode auftreten, kann die Akupunktur Linderung verschaffen. Mittlerweile wird davon abgeraten, die Verhütungspille nur zu nehmen, um Beschwerden, die mit der Periode einhergehen, zu vermeiden. Es besteht ein erhöhtes Thromboserisiko. Hier kann die Akupunktur als schonende Alternative eingesetzt werden.
Akupunktur kann bei richtiger Anwendung den Geburtsvorgang erleichtern. Durch die Akupunktur können Wehen ausgelöst werden. Deshalb sollte eine Anwendung dieser Methode in der Schwangerschaft nur erfolgen, wenn die Absicht besteht, zu gebären. Bei zu früher Wehenauslösung könnte das Neugeborene noch unterentwickelt sein, was eine schwere Komplikation wäre, die sogar zum Tod des Kindes führen kann. Bei Schmerzen während der Geburt kann die Akupunktur alternativ oder ergänzend zur anästhetischen Schmerzbehandlung verwendet werden.
Bei Beschwerden in der Postmenopause kann Akupunktur angewendet werden. Bei Depressionen kann eine Stimmungsaufhellung erreicht werden. Auch Schlafstörungen können auf die Behandlung mit den Nadeln ansprechen.
Es gibt verschiedene Erklärungen für die erfolgreiche Behandlung mit Akupunktur.
Der Körper wird von Energie (Qi) in bestimmten Bahnen durchflossen. Für diese Bahnen gibt es keine anatomische Leitstruktur, sie sind unsichtbar. An bestimmten Punkten dieser Bahnen (Qi-Punkte) kann auf den Fluss eingewirkt werden. Krankheit kann durch verschiedene Störungen des Flusses entstehen. Krankheit entsteht durch mangelnden Fluss, zu wenig Qi oder eine Störung des Abflusses von verbrauchtem Qi. Dann wird die Balance des Yin und Yang im Körper gestört und Symptome treten auf. Mit den Akupunkturnadeln kann der erfahrene Anwender die Qi-Punkte sowohl stimulieren als auch sedieren (beruhigen). Der Behandelnde richtet sich bei der Therapie der Erkrankung auch nach dem Lebensstil des Erkrankten (z.B. die Ernährungsgewohnheiten).
Die Erfolge der Akupunktur vor allem in der Therapie verschiedener Schmerzformen helfen dabei, dieses Verfahren in der Medizin zu etablieren. Es wurden Studien durchgeführt, in denen die Wirkung der Akupunktur untersucht wurde. Verschiedene Studien zeigten, dass eine Akupunktur, bei der die Qi-Punkte nicht gereizt wurden, ungefähr genauso effektiv war wie eine professionell durchgeführte Akupunktur (gerac-Studie). Die meisten Studien sind sich in einem Punkt einig: Akupunktur wirkt, aber man weiß nicht, warum oder welcher Teilaspekt der Akupunktur so wirksam ist.
Während der Behandlung wird die Patientin bequem gelagert. Pro Sitzung sollten normalerweise nicht mehr als 16 Nadeln gestochen werden. In Ausnahmefällen kann diese Vorgabe jedoch überstiegen werden. Die Stellen, in die später die Nadeln gestochen werden, müssen vorher leicht massiert oder erwärmt werden. Nach der Behandlung sollte die Patientin noch einige Zeit entspannt liegen. Insgesamt dauert eine Sitzung etwa 30 Minuten, eine volle Therapie umfasst 10 bis 15 Sitzungen. Es gibt verschiedene Bereiche, die bevorzugt für die Akupunktur genutzt werden. Hier sind vor allem das Ohr, die Hände und die Füße zu nennen. Es handelt sich hierbei um Ableger der traditionellen Akupunktur.
Die Akupunktur ist eine verhältnismäßig komplikationsarme Therapie. Die meisten Probleme entstehen bei unsachgemäßer Durchführung der Akupunktur. Deshalb sollte der Akupunkteur gründlich ausgesucht werden. Mögliche Komplikationen sind:
Bei Verwendung nicht sterilisierter Nadeln können Krankheiten übertragen werden, wie Hepatitis oder HIV.
Bei Verletzung der Lunge kommt es zur Ausbildung eines Pneumothorax. Hierbei fällt die Lunge in sich zusammen und muss durch eine ärztlich eingelegte Drainage wieder entfaltet werden.
Wenn silberne Nadeln länger im Körper bleiben, kann es zu Verfärbungen kommen, die dauerhaft bestehen.
Entzündliche Prozesse entstehen dann, wenn die Nadeln lange im Körper bleiben. Außerdem kann es zur Ausbildung von Blutergüssen kommen.
Es gibt verschiedene ähnliche Verfahren.
Hierbei werden auch die Qi-Punkte genutzt, es werden jedoch keine Nadeln verwendet. Es werden vielmehr getrocknete Beifuß-Blätter auf oder über der Haut verbrannt. Die Haut nimmt hierbei keinen Schaden. Durch die stattfindende Erwärmung kann eine gute Tiefen- und Entspannungswirkung erzielt werden.
Die Akupressur ist ein Verfahren, das älter als die Akupunktur ist. Hierbei werden die Qi-Punkte mit der Hand oder verschiedenen Hilfsmitteln massiert. Durch den Druck werden die Punkte dann stimuliert.
Letzte Aktualisierung am 29.03.2021.