Unter einem Schwangerschaftsabbruch, umgangssprachlich auch Abtreibung genannt, versteht man die Entfernung oder hervorgerufene Ausstoßung des Fruchtsacks mit dem Embryo oder Fötus aus der Gebärmutter. In der Medizin wird der Schwangerschaftsabbruch auch als interruptio gravidatis oder abruptio graviditatis bezeichnet.
Wichtig ist die Unterscheidung zwischen Schwangerschaftsabbruch und einem Abort (Fehlgeburt). Hierbei handelt es sich um eine nicht absichtlich herbeigeführte Frühgeburt (Spontanabort) bis zur 24. Schwangerschaftswoche.
Nach Angaben des Statistischen Bundesamtes wurden in Deutschland im Jahre 2008, 114.484 Schwangerschaftsabbrüche gemeldet. Etwa drei Viertel (72,6 Prozent) der Frauen, waren zwischen 18 und 34 Jahren alt. Davon waren 4,7 Prozent der Frauen minderjährig.
Die Mehrheit der Abbrüche (97,4 Prozent) erfolgte nach der so genannten Beratungsregelung (ohne Indikation). Der Abbruch ist in diesem Fall zwar rechtswidrig, aber straffrei (§218 StGB). 2,6 Prozent hatten eine medizinische oder kriminologische Indikation als Grundlage. Bei dieser Indikation ist der Abbruch straffrei und auch nicht rechtswidrig.
Eine Schwangerschaft kann also mit oder ohne die Feststellung einer Indikation abgebrochen werden.
Die Schwangere kann einen Schwangerschaftsabbruch verlangen und trifft die Entscheidung selbst. Es müssen jedoch folgende Voraussetzungen erfüllt sein:
Liegt aus ärztlicher Sicht eine Indikation vor, so gilt der Abbruch nicht als rechtswidrig. Es gibt zwei Möglichkeiten:
Heutzutage erfolgt ein Schwangerschaftsabbruch meist durch chirurgische Vakuumaspiration (Absaugung) oder durch Medikamente („Abtreibungspille").
Die Absaugmethode ist mit etwa 80 Prozent die in Deutschland am häufigsten durchgeführte Methode des Schwangerschaftsabbruchs. Die Absaugmethode kann von der 6. bis zur 14. Schwangerschaftswoche angewendet werden. Für erfahrene Ärzte ist der Eingriff relativ einfach und innerhalb weniger Minuten durchführbar. In vielen Ländern wird der Eingriff unter lokaler Betäubung durchgeführt (Ausnahme Österreich: hier meist unter Vollnarkose).
Die Schmerzausschaltung erfolgt entweder durch eine nur wenige Minuten dauernde Vollnarkose oder durch örtlich/regionale Betäubung, indem der Arzt/die Ärztin den Muttermund örtlich betäubt. Bei dem Eingriff wird der Gebärmutterhals festgehalten und die Öffnung des Muttermundes mit speziellen Stiften leicht gedehnt. Mit einem stumpfen Röhrchen, der so genannten Saugcurettage (circa 6 bis 10 mm Durchmesser), wird der Fruchtsack mit dem Embryo und die Gebärmutterschleimhaut abgesaugt. Der Embryo ist in der 10. Schwangerschaftswoche etwa 19 bis 24 mm groß.
Nach dem Eingriff wird mit Ultraschall eine Nachkontrolle durchgeführt, um sicherzugehen, dass keine Gewebereste zurückgeblieben sind. Sind Gewebereste vorhanden, so können diese dann gezielt abgesaugt oder mit einer stumpfen Curette ausgeschabt werden.
Unter guten medizinischen Bedingungen hat der Abbruch mit der Absaugmethode eine sehr geringe Komplikationsrate. Vereinzelt können danach Krämpfe der Gebärmutter auftreten, die meistens mit Menstruationsbeschwerden vergleichbar sind und sich mit entsprechenden krampflösenden Medikamenten gut therapieren lassen.
Der Eingriff wird in der Regel ambulant durchgeführt. Zudem ist eine Nachuntersuchung meist nicht notwendig, wenn unmittelbar nach der Absaugung eine Ultraschallkontrolle durchgeführt wurde.
Bei dieser Methode wird nach der Aufdehnung des Muttermundes mit Hilfe von Hegarstiften die Ausschabung der Gebärmutter mit einer so genannten Curette (ein löffelartiges Instrument) durchgeführt. Hierbei wird der Fruchtsack mit dem Embryo und die Gebärmutterschleimhaut entfernt.
Die Curettage kann auch aus anderen Gründen bei Frauen durchgeführt werden.
Diese Methode des Schwangerschaftsabbruchs wurde früher sehr oft durchgeführt, ist jedoch heute vor allem durch die Absaugung abgelöst worden. Als alleinige Methode kommt sie heute kaum noch zum Einsatz. Sie kommt vor allem dann zum Einsatz, wenn nach einem Schwangerschaftsabbruch noch Reste des Embryos oder sonstige Gewebereste aus der Gebärmutter zu entfernen sind.
Eine Alternative zu den chirurgischen Eingriffen ist die Abtreibungspille Mifegyne. Die Pille enthält den Wirkstoff Mifepriston, welches bewirkt, dass die in der Gebärmutter eingenistete Eizelle abgestoßen wird. Mifepriston wurde früher auch als RU-486 bezeichnet und blockiert die Wirkung des Gelbkörperhormons (Progesteron) und führt zur Öffnung des Muttermundes.
Zusätzlich zur Abtreibungspille werden Prostaglandine (Misoprostol, Handelsname Cytotec) eingesetzt. Diese werden etwa zwei Tage später unter ärztlicher Aufsicht eingenommen und bewirken, dass sich die Gebärmutter zusammenzieht und die Gebärmutterschleimhaut mitsamt dem Fruchtsack und dem Embryo ausstößt. Prostaglandine fördern die Wehen und lösen somit mit hoher Wahrscheinlichkeit eine Fehlgeburt aus. Der Vorgang ist mit einem Spontanabort vergleichbar oder einer stärkeren Regelblutung. Nach ein bis zwei Wochen ist eine Nachuntersuchung erforderlich.
Der medikamentöse Schwangerschaftsabbruch ist in Deutschland seit Juli 2008 nur noch bis zur neunten Schwangerschaftswoche (63. Tag nach dem ersten Tag der letzten Regelblutung) erlaubt.
In Deutschland werden etwa 10 Prozent der Abbrüche (2007) medikamentös induziert. Bei etwa fünf Prozent der Behandlungen ist der medikamentöse Abbruch nicht erfolgreich. Es kann auch so viel Restmaterial in der Gebärmutter zurückbleiben, dass im Anschluss noch eine chirurgische Behandlung notwendig ist.
Als Spätabbruch bezeichnet man Abbrüche nach der 14. Schwangerschaftswoche. In Deutschland und in den meisten anderen Ländern ist ein Spätabbruch nur erlaubt, wenn eine medizinische Indikation vorliegt, dass heißt eine Gefährdung der körperlichen oder psychischen Gesundheit der Frau (mütterliche Indikation) besteht.
Besteht hingegen eine embryopathische Indikation, also eine schwerwiegende Fehlbildung oder Behinderung des Fötus oder wenn das Kind nach einer Geburt nicht lebensfähig wäre, so ist ein Spätabbruch gemäß § 218 a StGB (Strafgesetzbuch) nicht zulässig.
Wird jedoch vom Gericht festgestellt, dass sich die Schwangere zur Zeit eines solchen rechtswidrigen Eingriffs in besonderer Bedrängnis befunden hat, so kann es von einer Strafe absehen. In Deutschland wurde die embryopathische Indikation abgeschafft, ist jedoch noch in anderen Ländern in Kraft. Offiziell erfolgt nun in Deutschland ein Spätabbruch aufgrund schwerer Fehlbildungen wegen Gefährdung der psychischen Gesundheit der Frau.
In Deutschland werden Spätabbrüche meist aufgrund einer schweren Behinderung des Fötus durchgeführt, seltener wegen einer unmittelbaren Gefährdung der Schwangeren. Jährlich werden in Deutschland ca. 2200 Spätabbrüche durchgeführt und machen etwa 1,9 Prozent aller Abbrüche aus.
Bei Spätabbrüchen gilt die Kombination von Mifegyne gefolgt von einem Prostaglandin als Standardmethode, da sie risikoarm ist und weniger Schmerzen erzeugt als andere früher gebräuchliche Methoden. Dadurch wird eine künstliche Fehlgeburt bzw. Totgeburt ausgelöst.
Wegen möglicher Komplikationen sollte ein Abbruch nach der 12. Woche nur in Krankenhäusern durchgeführt werden.
Bei Spätabbrüchen, die nach der 22. Schwangerschaftswoche durchgeführt werden, kann es vorkommen, dass die Föten meist mit schweren oder sehr schweren Behinderungen überleben. Das in Deutschland bekannteste Beispiel ist der als Oldenburger Baby bekannt gewordene Junge Tim.
Oft werden daher bei möglicherweise gegebener Lebensfähigkeit des Fötus, diesem Kaliumchlorid injiziert, welches einen Herzstillstand auslöst, oder die Blutzufuhr der Nabelschnur unterbunden, um Lebendgeburten zu verhindern. Nach dem Gesetz ist jeder Arzt verpflichtet, lebensverlängernde Intensivmaßnahmen nach der Geburt sofort einzuleiten, unabhängig vom Hintergrund der konkreten Situation.
Eine veraltete und nur noch selten angewandte Methode des Abbruchs von fortgeschrittenen Schwangerschaften ist die Hysterotomie, auch Sectio parva (kleiner Kaiserschnitt) oder Uterotomie genannt. Die Gebärmutterhöhle wird bei diesem Verfahren operativ geöffnet und der tote Fötus sowie die Plazenta entnommen.
Natürlich kann die Frau nach diesem Abbruch wieder schwanger werden. In der Regel ist jedoch bei der folgenden Geburt ein Kaiserschnitt erforderlich.
Unter guten klinischen Bedingungen ist die Komplikationsrate relativ gering. In seltenen Fällen kann es zu folgenden Beschwerden kommen:
Treten diese Symptome auf, so sollten Sie sofort Ihren Arzt aufsuchen. Wird eine Entzündung nicht schnell und vollständig auskuriert, so kann es zu Verklebungen der Eileiter kommen, welches die spätere Fruchtbarkeit beeinträchtigen kann.
In sehr seltenen Fällen kommt es zur Verletzung der Gebärmutter. In der Regel wirkt sich ein komplikationsloser Abbruch nicht unmittelbar auf die Fruchtbarkeit aus. Normalerweise erfolgt bereits nach etwa zwei bis drei Wochen der nächste Eisprung und die Frau kann wieder schwanger werden. Daher sollte schon unmittelbar nach dem Abbruch, zur Vermeidung einer erneuten ungewollten Schwangerschaft, mit dem Einsatz einer sicheren Methode zur Empfängnisverhütung begonnen werden.
Leider wurden durch Studien aber festgestellt, dass bei Frauen, die bereits Schwangerschaftsabbrüche hinter sich hatten, das Risiko für eine Frühgeburt nach einer Abtreibung um zehn Prozent, nach zwei und mehr Abtreibungen sogar um 30 Prozent erhöht ist. Als mögliche Ursache werden vermutet, dass der Gebärmutterhals nach dessen mechanischer Erweiterung und Ausschabung, Durchblutungsstörungen erlitten haben könnte und die Gebärmutterschleimhaut beschädigt worden sein kann.
Die Kosten werden in der Regel von der Schwangeren selbst getragen. Je nach Methode kann sie sehr unterschiedlich hoch sein. Für einen medikamentösen Abbruch betragen die Kosten etwa 360 Euro und bei einer Vakuumaspiration etwa 460 Euro. Weitere Kosten für Vor- und Nachuntersuchung sowie Behandlung etwaiger Komplikationen werden von allen Kostenträgern (gesetzliche Krankenkassen, Beamtenbeihilfe, „Sozialämter", private Krankenversicherung) übernommen.
Erfolgt hingegen ein Schwangerschaftsabbruch mit medizinischer oder kriminologischer Indikation, so gelten sie als Krankheitskosten und werden von allen Kostenträgern übernommen.
Letzte Aktualisierung am 29.03.2021.