Bei einer Fehlgeburt stirbt ein ungeborenes Kind im Mutterleib ab oder wird geboren, bevor es eine Überlebensfähigkeit außerhalb der Gebärmutter erreicht hat. Von wiederholter Fehlgeburt (Fehlgeburtlichkeit, habitueller Abort) spricht man in der Medizin nach mindestens drei aufeinander folgenden Fehlgeburten.
Allerdings steigt die Wahrscheinlichkeit eines weiteren Aborts schon nach ein oder zwei Fehlgeburten deutlich an. Von habituellen Aborten sind etwa 0,5 Prozent, also etwa eine von 200 Schwangeren, betroffen. In vielen Fällen kann keine Ursache für die Fehlgeburt gefunden werden.
Die Auslöser von wiederholten Fehlgeburten sind vielfältig und meist durch ein Zusammenwirken organischer, immunologischer und genetischer Faktoren bei Mutter und Kind bedingt.
In einigen Fällen von Fehlgeburtlichkeit verhindert eine Fehlanlage der Chromosomen (Chromosomenanomalie), die bei der Befruchtung entstanden ist ein natürliches Wachstum des Embryos. Man geht davon aus, dass etwa 50 Prozent aller Fehlgeburten genetisch beding sind. Am häufigsten sind zahlenmäßige Veränderungen des Chromosomensatzes (numerische Chromosomenaberation). Dabei haben die Embryonen statt 46 Chomosomen 47 oder nur 45. Auch die so genannten Trisomien zählen zu den numerischen Chromosomenaberationen. Am bekanntesten ist dieses Phänomen bei der Trisomie 21 (Down Syndrom), bei der das Chromosom 21 dreifach im Chromosomensatz des Kindes vorhanden ist. Das Wiederholungsrisiko bei Trisomien ist auch in nachfolgenden Schwangerschaften deutlich erhöht. Ein weiterer genetisch bedingter Auslöser von Fehlgeburten sind so genannte Translokationen in den Chromosomen der Eltern, bei denen genetisches Material innerhalb der Chromosomen verschoben wird. Bei etwa 10 Prozent aller Fehlgeburten ist eine Translokation die Ursache dafür, dass die Schwangerschaft nicht aufrechterhalten werden kann.
Jedoch können auch hormonelle Ungleichgewichte und chronische Stoffwechselerkrankungen der Mutter zu Fehlgeburten führen. In diesem Zusammenhang sind vor allem ein Diabetes mellitus der Mutter, eine Schilddrüsenunterfunktion (Hypothyreose) oder eine Schilddrüsenüberfunktion (Hyperthyreose) zu nennen.
Zudem können auch raumfordernde Gebilde innerhalb der Gebärmutter, wie beispielsweise Myome, Fehlbildungen oder nach früheren Entzündungen und operativen Eingriffen entstandene Verwachsungen das Wachstum des Embryos unterdrücken.
Die frühzeitige Öffnung des Muttermunds bei einer Zervix-Insuffizienz kann ebenfalls eine Fehl- aber auch eine Frühgeburt zur Folge haben.
Weitere Ursachen für Fehlgeburtlichkeit sind ein Antiphospholipid-Syndrom, eine Thrombophilie, chronische Infektionen oder ein Morbus Haemolyticus neonatorum.
Die Neigung zu habituellen Aborten ist in seltenen Fällen auch immunologisch bedingt. Dabei erkennt der mütterliche Organismus das Kind, das zu 50 Prozent fremde Gene vom Vater trägt, als körperfremd und möchte ihn abstoßen. Im Regelfall werden in der Schwangerschaft blockierende Antikörper gebildet, die diesen Vorgang ausbremsen. Ist deren Produktion jedoch nicht ausreichend, wird die immunologische Abstoßungsreaktion in Gang gesetzt.
Die typischen Symptome einer Fehlgeburt sind vaginale Blutungen sowie das vorzeitige Einsetzen von Wehen. Die Diagnose erfolgt mittels einer Ultraschalluntersuchung, wobei das weitere Vorgehen davon abhängt, ob der Fötus noch am Leben ist.
Da wiederholte Fehlgeburten durch viele mögliche Auslöser bedingt sein können, ist zunächst eine ausführliche Befragung beider Elternteile notwendig, um Verdachtsdiagnosen formulieren zu können. Zudem werden nach einer zweiten Fehlgeburt ambulant verschiedene Untersuchungen durchgeführt:
Die Behandlung von habituellen Aborten richtet sich nach der zugrunde liegenden Ursache.
Bei Verdacht auf hormonelle Ungleichgewichte als Auslöser der Fehlgeburten verordnet der Arzt in der Regel zunächst Hormonpräparate. Auch Stoffwechselerkrankungen wie Diabetes sind bei adäquater Behandlung in der Regel kein Hindernis für eine erneute Schwangerschaft. Anatomische Fehlbildungen der Gebärmutter können entweder direkt während einer Gebärmutterspiegelung oder nachfolgend bei einer Bauchspiegelung diagnostiziert und wenn möglich gleich korrigiert werden.
Im Falle einer Zervixinsuffiziens besteht die Möglichkeit einer so genannten Cerclage, bei der der Muttermund vorübergehend verschlossen wird. Bei zwei oder mehr Aborten sollte in jedem Fall eine genetische Beratung und unter Umständen auch eine genetische Untersuchung beider Partner veranlasst werden. Je nach Befund wird der Genetiker das Risiko eines erneuten Abortes abschätzen können. Auch das Schwangerschaftsgewebe sollte bei einem weiteren Abort nach Möglichkeit untersucht werden. Bei erhöhtem genetischen Risiko für eine erneute Schwangerschaft sollte auch die Durchführung einer Fruchtwasseruntersuchung in Erwägung gezogen werden.
Da diese auch mit einem Abortrisiko behaftet ist, fällt dieser Entschluss nicht immer leicht und muss in Abhängigkeit von den vorliegenden genetischen Befunden mit den behandelnden Ärzten ausführlich besprochen werden. Bei den Translokationen kommt es darauf an, welche Gene und Chromosomen beteiligt sind. Bei einigen ungünstigen Konstellationen muss man von weiteren Schwangerschaften möglicherweise sogar abraten oder, wenn der Mann betroffen ist, zu einer Behandlung mit Spendersamen raten. Wenn die Frau betroffen ist, dann ist theoretisch die Möglichkeit zu einer Eizellspende gegeben. Diese ist in Deutschland jedoch verboten.
In jedem Fall sollte bei wiederholten Fehlgeburten auch eine gute und ausreichende psychologische Betreuung der Eltern nicht außer Acht gelassen werden.
Frauen, die bereits eine oder mehrere Fehlgeburten (Abort) hatten, haben ein erhöhtes Risiko für weitere Fehlgeburten. Die Möglichkeit erneut schwanger zu werden, ist generell jedoch nicht beeinträchtigt. Der Erfolg weiterer Schwangerschaften hängt zudem in hohem Maße von den Ursachen für die Frühgeburt ab. Können diese erkannt und beseitigt werden, steht einer erfolgreichen Schwangerschaft nichts im Wege. Es wird jedoch empfohlen, frühestens drei Monate nach der Fehlgeburt erneut schwanger zu werden.
Letzte Aktualisierung am 26.04.2021.